Als Mentor schenkt man sich ein Stück weit selbst

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Als Mentor schenkt man sich ein Stück weit selbst

Foto: Mitautorin Anne Bieler-Bultmann des Buches Mentoring - Wissenswertes und Persönliches

Im Folgenden lesen Sie aus unserem kostenfreien Buch Mentoring – Wissenswertes und Persönliches den Erfahrungsbericht von Anne Bieler-Bultmann, in dem sie u. a. beschreibt, warum sie gern ehrenamtlich Mentorin ist.


Bereits seit vielen Jahren hat es sich immer wieder gefügt, dass Menschen in Orientierungsphasen auf mich zukamen, sich mit mir allgemein über ihre Situation austauschten und es sich dann ergab, dass ich ihnen konkrete Unterstützung angeboten habe. Sogar im Kindergarten wurde ich immer wieder von meinen Erzieherinnen gefragt, ob ich Neulingen nicht ein bisschen zur Seite stehen möchte und helfen, dass sie einen guten Start haben.

Einen klassischen Mentor hatte ich selbst nicht

Ich selber habe nicht im klassischen Sinne einen Mentor gehabt, der sich mir explizit als einer ausgegeben hätte. Jedoch habe ich die spannende Erfahrung gemacht, dass das gar nicht so nötig ist. Vielmehr ist es auch eine Frage des persönlichen Blickwinkels, ob ich jemanden, der einfach mehr Erfahrung hat als ich selbst, als einen Berater oder Lehrer wahrnehme. So war sicher beispielsweise die Pfarrehefrau aus meiner damaligen Kirchengemeinde meine Mentorin. Sie blieb beharrlich an uns Teenagern dran, die wir im Kindergottesdienst mitarbeiteten. Viele Gespräche, Feedback, Ermutigungen, Lachen und Weinen und unglaublich viel Lernen, wie man miteinander sorgsam umgeht, treu sich durchbeißt, wenn es schwierig wird und eigene Talente entdeckt und sie aktiv einbringt – da hat sie aufgepasst, auf mich und uns im Team. Das war ausgesprochen wertvoll für mich.

In den letzten Jahren haben sich immer wieder ausgewiesene Top Manager dazu gesellt, mit denen ich intensiv arbeiten durfte und darf. Der Austausch, das miteinander Ringen um Lösungen und Einbinden von unterschiedlichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft, erlebe ich als große Bereicherung. Das Feedback, das man mir entgegen bringt und viele auch sehr persönliche Gespräche prägen meine Arbeit. So werde ich – auch wenn ich sicher ein echter Veranstaltungsprofi bin – immer und immer wieder selbst geschliffen. Auch ich selbst bitte konkret um Unterstützung oder Feedback und versuche von Top Führungskräften aus Wirtschaft und Wissenschaft zu lernen. Dazu kommt meine jahrelange Mitarbeit im Ehrenamt im kirchlichen Raum.

Und wer, wenn nicht auch die Familie ist Teil des Mentorings. Meine Eltern, insbesondere mein Vater, der hohe Führungskraft im Generalstab der Bundeswehr war und Mitglied in einem Rotaryclub ist, hat mich intensiv all die Jahre begleitet. Auch mein Sohn, der jetzt studiert, ist ein unglaublicher Lehrmeister für mich.

Mentoring: „Wer gibt, dem wird gegeben“

So ist sicher mein eigener persönlicher Werdegang ganz wesentlich damit verbunden, dass andere auf mich zukommen und meinen Rat einholen. Nach dem alten Spruch „wer gibt, dem wird gegeben“ – so macht es ja nicht nur froh, wenn man anderen einen guten Rat gegeben hat, der weiter geholfen hat, sondern es kommt ja auch immer etwas zurück. Mentoring darf allerdings nie zum Selbstzweck werden. So freue ich mich, dass ich etliche Hochschulabsolventen in den letzten Jahren ganz konkret dabei unterstützen konnte, eine erste oder neue Arbeitsstelle zu finden. Langjährigen Berufserfahrenen konnte ich auch etliche Tipps und Tricks verraten und arbeitete intensiv mit ihnen an ihren Unterlagen oder auch daran herauszufinden, was gut zu ihnen beruflich passen könnte. Stärken und Schwächen herauszufinden, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, Recherchetipps oder auch persönliche Empfehlungen auszusprechen und dabei zu unterstützen, sich gut auf ein Bewerbungsgespräch vorzubereiten – das macht mir großen Spaß. Kollegen unterstütze ich immer wieder dabei, wenn sie neu sind, helfe ihnen dabei, wie sie am besten Konzeptionen entwickeln, Gespräche führen können, Argumente sammeln, um ihr Anliegen durch zu bekommen, Sitzungen leiten und die vielen unterschiedlichen Informationen in geeigneter Form zu dokumentieren – Projektmanagement gestalten und Netzwerke aufbauen, das finde ich sehr spannend.

Selber dazu lernen konnte ich vor rund drei Jahren in institutionalisierter Form bei dem Projekt „Die Komplizen: Mentoring für Schüler gemeinnützige GmbH“, das von diversen Förderern bundes- und europaweit unterstützt wird. Wir wurden durch ein professionelles Team geschult, was Mentoring umfasst, welche Chancen und Grenzen darin liegen, wie eine Gesprächsführung gelingt und erhielten viele andere konkrete Tipps und Tricks. So begleitete ich über mehrere Monate Oberstufenschüler als Mentorin auf dem Weg zum Abitur. Nähere Infos unter www.die-komplizen.org.

Als besonders Highlight empfinde ich persönlich die Aufgabe als Mutter – als gute Mutter oder Vater ist man immer Mentor. Ich freue mich sehr über die vielen Gespräche, Diskussionen und auch Auseinandersetzungen mit meinem Sohn und staune, was er alles von mir gelernt hat und dem nacheifert.

Was ich als Mentorin gebe und warum ich Mentorin bin

So freue ich mich über jeden einzelnen, den ich bisher begleiten durfte, über den Start in einem neuen Job, neuen Mut und Motivation, los oder weiter zu gehen. So hat bisher jeder, mit dem ich gezielt dazu in Gesprächen war, erfolgreich z. B. eine Arbeitsstelle bekommen.

Ein Mentee kann von mir vor allem ganz viel Offenheit und liebevolle Wertschätzung erwarten. Ich suche und sehe hoffentlich stets das Beste in meinem Mentee. Daher bin ich sicher manchmal auch sehr direkt, ich frage konkret nach und mache konkrete Vorschläge, wenn ich den Eindruck habe, dass es hilft. Ich fordere heraus, lobe und bin auch manchmal streng. Und ich helfe konkret mit praktischen Informationen oder Überarbeitung und Korrektur von „Hausaufgaben“.

Mentoring muss beiden Seiten Spaß machen. Es bedarf Vertrauen, Zuverlässigkeit und das Wissen, angenommen zu sein. Nur so gelingt es, Potenziale herauszufinden und Mut zu bekommen, diese auch zu leben oder unbekannte und neue Wege zu gehen. Jemand anderes bei diesem Prozess zu begleiten, finde ich sehr spannend.

Mich persönlich macht es glücklich, wenn ich jemanden dabei ein kleines bisschen begleiten durfte. Vielmehr freue ich mich jedoch darüber, dass ein Mensch ein kleines bisschen weniger Sorgen haben muss oder an sich zweifelt, wer er/sie ist und wohin der Weg führen könnte. Als Mentor schenkt man sich ein Stück weit selbst, man teilt – und das ist für mich ein selbstverständliches Ehrenamt.

 

Portraitfoto: Mentorin Anne Bieler-Bultmann

Über Anne Bieler-Bultmann

Seit 7 ¾ Jahren bin ich Projektleiterin/Produktmanagerin bei der VDI Wissensforum GmbH, einem Tochterunternehmen des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) in Düsseldorf. Dort verantworte ich die Programmgestaltung neben weiteren damit verbundenen Aufgaben meiner Kongresse, Konferenzen und Tagungen für Entscheider, Fach- und Führungskräfte in der Automobilindustrie. An der Universität zu Köln habe ich Germanistik, Mittlere/Neuere Geschichte und Politikwissenschaften (Magister) studiert. Studienbegleitend arbeitete ich für eine Landtagsabgeordnete. In diversen Praktika sammelte ich Erfahrungen im öffentlichkeitswirksamen Bereich. Vor dem Studium absolvierte ich eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau in einer Universitäts- und Fachbuchhandlung (IHK geprüft). Nach dem Studium folgte ein PR-Volontoriat mit Zertifikat zur PR-Managerin.

 

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Darin lesen Sie Wissenswertes, Tipps und Tricks rund um Mentoring.
Enthalten sind u. a. dieser Erfahrungsbericht von A. Bieler-Bultmann oder jene von Lena Neumann und Peter Diekmann.

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