Der Mensch im Mittelpunkt

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Der Mensch im Mittelpunkt

Im Folgenden lesen Sie aus unserem kostenfreien Buch Mentoring – Wissenswertes und Persönliches den Erfahrungsbericht von Barbara Liebermeister, in dem sie beschreibt, warum sie gern ehrenamtlich Mentorin ist.


Als Leiterin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter steht für mich der Mensch mehr denn je im Mittelpunkt. Auch wenn es pathetisch klingt: Ich liebe Menschen, und es ist meine Leidenschaft, sie in ihren jeweiligen Lebenssituationen und Herausforderungen zu unterstützen.

Zu meinem Bedauern bin ich in meiner bis dato sehr erfolgreich verlaufenen Karriere nicht selbst in den Genuss eines Mentors oder einer Mentorin gekommen. Ich habe mich – angefangen bei meinem BWL-Studium über verschiedene Leitungspositionen im Marketing bis hin zu meiner Institutsgründung – immer alleine bewährt und weiterentwickelt. Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen in Führungspositionen hatte ich weder einen formellen noch einen informellen Mentor. Vermutlich bin ich da eine Ausnahme.

Rückblickend denke ich, dass viele Situationen meiner Laufbahn mit einem Mentor leichter zu bewältigen gewesen wären. Schließlich ist ein Mentor ein großer Schatz an Lebens- und Berufserfahrung, ein wohlgesinnter Ratgeber mit einem gesunden und neutralen Blick. Das kann ja nicht nur am Anfang der Karriere nützlich sein, sondern an jeder Weggabelung, an der man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Meine Motivation, mich als Mentorin bei Procareer.MINT zu engagieren, rührt sehr wahrscheinlich ein Stück weit daher.

Mentorin bei ProCareer.MINT

ProCareer.MINT ist eine Initiative von Mentoring Hessen für Studentinnen in den MINT-Fächern. Ziel ist es, Studentinnen der Natur- und Ingenieurwissenschaften in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung zu unterstützen und ihnen einen praxisnahen Einblick in das Berufsleben zu ermöglichen. Die Auswahl der Mentorinnen und Mentoren erfolgt durch die Initiative selbst; die Mentees durchlaufen ein Bewerbungsverfahren. An dessen Ende steht eine große Auftaktveranstaltung, bei der Mentees und Mentoren zueinander finden. Hier ist Bedingung, dass die Chemie auf beiden Seiten stimmen muss. Im Rahmenprogramm wird vermittelt, worauf es im Mentoring ankommt, welche Rollen Mentorin und Mentee haben, usw. Mir haben insbesondere die Berichte ehemaliger Mentorinnen und Mentoren sehr imponiert. Das Programm ist auf ein Jahr angelegt und wird selbstverständlich von Evaluationen begleitet.

Im Rahmen von ProCareer.MINT unterstütze ich aktuell eine Doktorandin, die nach ihrer Promotion aus der Wissenschaft in die Wirtschaft wechseln will; idealerweise in die forschende Wirtschaft. Unser Mentoring läuft zum Zeitpunkt, zu dem ich diesen Bericht schreibe, bereits drei Monate. Wir treffen uns etwa einmal im Monat und pflegen einen regen Austausch dazwischen – inklusive Hausaufgaben. Es hat von Anfang an gut gepasst zwischen uns, und bis dato hatten wir nur positive Erfahrungen miteinander. Auf der einen Seite konnte ich schon bei unserem ersten Treffen wertvolle Impulse geben und den Blickwinkel meiner Mentee erweitern. Motivation und Herangehensweise sind jetzt schon viel klarer. Dabei profitiere ich von meinen Erfahrungen in der Selbstvermarktung und Positionierung von Führungskräften. Denn um nichts Anderes geht es hier ja: Meine Mentee muss sich in einem neuen Umfeld positionieren und bewähren. Auf der anderen Seite war es meiner Mentee von Anfang an wichtig, auch mir als Mentorin etwas zurückzugeben. Sie hat das explizit gesagt und auch danach gehandelt. Das war eine sehr schöne Erfahrung für mich. Wir sind beide sehr sportlich, wobei ich aus beruflichen Gründen nicht so häufig zum Sport komme, wie ich das gerne hätte. Meine Mentee und ich unterhalten uns immer auch über unseren Sport, und sie motiviert mich, mehr als nur drei Mal in der Woche zu laufen und Rad zu fahren.

Was ich als Mentorin gebe und warum ich Mentorin bin

Die Erfahrung, immer von den Mentees zu profitieren, mit denen ich arbeite, hatte ich auch bereits in der Vergangenheit, unter anderem im Cross-Mentoring. Wenn man – so wie ich – immer offen für andere Menschen und ihre Ideen und Vorstellungen ist, hat Mentoring ein unglaublich bereicherndes Potential. Ich würde sogar sagen, je unterschiedlicher Mentee und Mentorin sind, desto befruchtender ist der Austausch. Ich stelle ja immer auch Weltbilder in Frage, zeige Wege aus der Einbahnstraße auf und versuche den manchmal vorhandenen Tunnelblick zu eliminieren. Da gehört manchmal Provokation dazu und es findet immer eine Emotionalisierung der Mentoring-Beziehung statt. Aus den Reaktionen und Handlungen der Menschen nehme ich unheimlich viel auch für mich selbst mit: aus jedem Zögern, jedem Überraschungsmoment. Letzten Endes ziehe ich als Mentorin viele Erkenntnisse für mich aus der persönlichen Weiterentwicklung meiner Mentees.

Im Unterschied zur reinen Lehre mache ich in der Praxis keine großen Unterschiede zwischen Coaching und Mentoring. Ich bin zwar ausgebildeter Coach, aber ich gehe immer pragmatisch, fokussiert und zielorientiert in eine Mentoring-Beziehung. Wenn man sich – so wie ich – auf die Bedürfnisse der Mentee fokussiert und sehr situativ agiert, verschwimmen die Grenzen. Letzten Endes kommt es im Mentoring darauf an, der Mentee ihre Rolle bewusst zu machen, die Signale, die sie aussendet zu verstehen und daraus eine wertvolle und starke Persönlichkeitsmarke zu entwickeln und sie zu etablieren. Es ist schade, dass wir Deutschen so häufig auf unsere Schwächen schauen: Viel motivierender ist es, wenn wir unsere Stärken betrachten. Dies muss intelligent und auf keinen Fall „laut“ geschehen.

Trotz meiner knapp bemessenen Zeit liebe ich es, mich als Mentorin zu engagieren, meiner Mentee zu helfen und sie von meinem Wissen und meinen Erfahrungen profitieren zu lassen. Dass ich das selbst nie genossen habe, ist einer der Gründe, mich als Mentorin zur Verfügung zu stellen. Schließlich ist ein Mentor jemand, der das Beste in einem anderen Menschen zu Tage fördert. Was kann es Erfüllenderes geben?

 

Portraitfoto: Mentorin Barbara LiebermeisterÜber Barbara Liebermeister

Bevor die Wirtschaftswissenschaftlerin die Leitung des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter übernahm, war sie im Marketing internationaler Unternehmen tätig (u.a. Christian Dior, L’OREAL u.v.m.), anschließend für die Finanzindustrie. Ihre Schwerpunktthemen sind die Führungskraft als Marke, der Aufbau von Netzwerken und Führung im digitalen Zeitalter.

Liebermeister berät vorrangig Führungskräfte aus Banken, Unternehmensberatungen, Anwaltskanzleien und der Politik. Außerdem ist sie Gründerin und Leiterin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (www.ifidz.de), das die Managementkultur im Zeitalter der Digitalisierung erforscht und fördert. Sie ist Autorin des Buches „Effizientes Networking: Wie Sie aus einem Kontakt eine werthaltige Geschäftsbeziehung entwickeln“. Im April 2017 hat sie ihr neues Buch auf der Buchmesse in Leipzig vorgestellt – mit dem Titel „Digital ist egal. Mensch bleibt Mensch – Führung entscheidet“. Als Rednerin engagiert sie sich bundesweit für mehr Werteorientierung im Business.

Barbara Liebermeister ist Mitglied im Verband deutscher Unternehmerinnen und Jurymitglied im Gremium für Banken im Umbruch. Sie ist Dozentin an folgenden Hochschulen: RWTH Aachen, HAW Hamburg und der Bucerius Law School in Hamburg. Gleichzeitig fungiert sie als Mentorin für die Hessischen Universitäten. 2017 wurde sie nominiert für den digitalfemaleleader Award 2017 vom Frauenmagazin Myself.

 

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Darin lesen Sie Wissenswertes, Tipps und Tricks rund um Mentoring.
Enthalten sind u. a. dieser Erfahrungsbericht von B. Liebermeister oder jene von Lena Neumann und Peter Diekmann.

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